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Streiktag – kein zurück zur Normalität – von der Krise in die Utopie – 8. März 2021. Redebeitrag von R.I.S.E

Wir veröffentlichen einen Redebeitrag von R.I.S.E, den die Gruppe am 8.März 2021 auf der FLINTA*-Only Demo von uns hielt.

Streiktag – kein zurück zur Normalität – von der Krise in die Utopie –
8. März 2021

Hallo, wir sind von R.I.S.E. Das steht für Raum für Information und
selbstbestimmte Entscheidungen, ein Bündnis das sich für die
Unterstützung von Menschen einsetzt, die sich überlegen einen
Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen.
In diesem Kontext werfen wir folgende Frage auf:
Wie können wir gegen den Status quo angehen und welche Formen des
Protestes sind möglich? Dafür wollen wir auf die weltweiten
feministischen Kämpfe für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch schauen.

In Irland lebende Menschen, mussten jahrzehntelang und bis 2019 noch ins
Ausland fahren, um einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu können.
Irland hatte damit eine der restriktivsten Gesetzeslagen dazu weltweit.
Das ist jetzt vorbei! Vor zwei Jahren wurde das Gesetz per Referendum
gekippt, was allen Menschen nun erlaubt legal einen Abbruch durchführen
zu lassen. Grund für die Erneuerung der Gesetze waren unter anderem
organisierte Proteste feministischen Gruppen über social media. Die
Bewegung entstand aus einem missglückten Schwangerschaftsabbruch, bei
dem die schwangere Person ums Leben kam. Heute ist Irland sogar eins der
wenigen europäischen Länder, das Telemedizin bei
Schwangerschaftsabbrüchen erlaubt, was bedeutet, dass der
Schwangeschaftsabbruch mit Tabletten zu Hause und auch ohne Besuch in
einer Arztpraxis geschehen darf.
Aber auch Außerhalb von Europa gibt es große Fortschritte. So waren in
Argentinien seit 1920 Schwangerschaftabbrüche verboten und wurden mit
bis zu 4 Jahren Gefängnis bestraft. Seit Jahren kämpfen feministische
und queerfeministische Aktivist*innen in Argentinien für eine
Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Ihr Kampf, ihre
unermütliche Forderung und ihr unerschütterlicher Mut haben zum Erfolg
geführt. Am 30.12.2020 entscheidet der Senat, Schwangerschaftsabbrüche
bis zur 14. Woche zu legalisieren. Und nicht nur das, sogar die Kosten
werden vom öffentlichen Gesundheitssystem getragen, sodass ein Abbruch
für alle Menschen, die schwanger werden können, zugänglich ist.
Die Entwicklungen in Argentinien geben uns Hoffnung. Sie zeigen uns,
dass Massenbewegungen und politischer Aktivismus wirksam sein können.
Während Länder wie Irland und Argentinien ihre Gesetzeslage zur
Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen zunehmend lockern, hält die
deutsche Gesetzgebung nach wie vor an der bestehenden Rechtslage fest.
Diese stellt nach § 219a StGB sogar das Bereitstellen von Informationen
über einen Schwangerschaftsabbruch unter Strafe. Im Zusammenhang mit dem
Fall „Kristina Hänel“ und ihrer Verurteilung, ist die Frage nach der
tatsächlichen „Rechtmäßigkeit“ dieser aus der NS-Zeit stammenden
Vorschrift allerdings wieder verstärkt in den gesamtgesellschaftlichen
Diskurs vorgedrungen und mit der Änderung des § 219a StGB erstmals
wieder tatsächlich in Bewegung geraten.
Dies wollen wir als RISE nutzen, um dem Aufruf von Menschen wie Kristina
Hänel zu folgen und selbsständig breit über Schwangerschaftsabbrüche zu
informieren. Als Menschen, die keine Abbrüche anbieten ist das hier auch
legal. So wollen wir regional eine Struktur aufbauen, welche
niedrigschwellige Unterstützung in jeglicher Hinsicht anbietet und einen
Raum zum Erfahrungsaustausch, Solidarisieren und Vernetzen öffnet.
Überregional wollen wir uns vernetzen mit all den anderen Bewegungen die
für die selbe Sache kämpfen, um den Gesamtzustand mit politischer
Schlagkraft zu ändern.

Daher fordern wir heute und jeden Tag bis sich die Lage für Schwangere
bessert:
– Die Streichung von §218 und §219a!
– Die selbstverständliche Selbstbestimmung über den eigenen Körper!
– Die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, raus damit aus
dem Strafgesetz!
– Freien Zugang zu Informationen für Betroffene und in der medizinischen
Lehre!
– Schwangerschaftsabbrüche müssen zur Grundversorgung gehören!