Kampagnen Aufruf

Kein Zurück zur NORMalität – aus der Krise in die Utopie 

 
Der 8. März ist weltweit ein FEMINISTISCHER KAMPFTAG an dem wir seit Generationen die patriarchalen Zustände angreifen und aufzeigen. Dieser 8.März ist ein besonderer – Im letzten Jahr ist eine globale Pandemie ausgebrochen, die nicht von unserem gesellschaftlichen System aufgefangen werden konnte. Viele von uns wurden vereinzelt und wichtige Räume wie die Liebig34 wurden uns genommen. 
Gerade deswegen sind queerfeministische Kämpfe um den 8. März herum wichtig! 
Wir blicken auf die Zustände und Verhältnisse in dieser Welt und sehen, wie sie sich zuspitzen, aber auch, wie gleichzeitig weiter FLINTA* (Dieses Wort ist ein Sammelbegriff für Frauen*, Lesben, Intergeschlechtliche, nicht-binäre, trans* und  ageschlechtliche Personen. Also für alle, die unter patriarchalen Verhältnissen am meisten leiden) sich immer wieder diesem System der Unterdrückung entgegensetzen: In Polen gehen tausende Menschen gegen die Reaktionäre PIS-Partei auf die Straße, um für sichere Abtreibungen zu kämpfen, und ihre Lebensweisen gegen sogenannte LGBTIQ* freie Zonen zu verteidigen,  in Argentinien hat die Frauen*Bewegung durch ständigen Widerstand eine Reformierung des Abtreibungsgesetzes ermöglicht, in Rojava wird weiter, trotz Angriffen von der Türkei, eine feministische Revolution gelebt, und im Gesundheitssektor fanden in verschiedenen Ländern über das letzte Jahr hinweg immer wieder Streiks statt. Diese Kämpfe, die FLINTA* auch im Alltag ständig führen, begegnen immer autoritäreren staatlichen Strukturen und dem weltweiten Erstarken faschistischer, verschwörungsideologischer und rechter Bewegungen.
Wir  stellen uns entschlossen diesen aktuellen und akuten Zuständen entgegen: 
Wir wollen kein Zurück zur Normalität – Wir wollen aus der Krise in die UTOPIE!
Auch in der Pandemie möchten wir Wege finden, uns zu vernetzen, zu organisieren und auszutauschen. Dies soll im Rahmen der Kampagne „Kein zurück zur Normalität – aus der Krise in die Utopie“ passieren, in der ihr euch eigenständig aktionistisch und inhaltlich einbringen könnt.
Alle sind eingeladen unter einem queer-/feministischen Konsens einen Beitrag zur Kampagne zu leisten und die Zustände anzuprangern. Wie? 
Hängt Banner mit dem Slogan an eure Fenster, macht Aktionen an Orten der Krise, NORMalität und der Utopie, schreibt Texte, macht Bilder, klebt Plakate, werft Flyer in Briefkästen, organisiert Kundgebungen, benutzt den Hashtag #keinzurückzurNORM. Nehmt euch den öffentlichen Raum, bunt und kreativ. Zeigt was ihr unter dem Spruch, vorallem als FLINTA*, versteht! Wir freuen uns auf rege Beteiligung! Lasst uns diese Normalität nicht einfach akzeptieren und uns ihr mit emanzipatorischen Ideen entgegenstellen! 
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1. DIE NORMALITÄT
Reihenweise sagen Politiker*innen, sie wollen so schnell wie möglich „zurück zur Normalität“, womit sie die gesamtgesellschaftliche Situation vor der Corona-Krise meinen. Doch was bedeutet diese „Normalität“? Und wollen wir überhaupt dahin zurück?
Die „Normalität“ von der da gesprochen wird, basiert auf Unterdrückung und Ungleicheit.
In dieser Normalität dürfen Polizei, Staat und Justiz Hand in Hand gewaltvoll gegen uns FLINTA*-Personen vorgehen. Sie können uns das Recht auf körperliche Selbstbestimmung aggressiv entziehen. Denjenigen, die sich organisieren, werden Räume und Rückzugsorte oft vom Staat weggenommen.
Es ist eine NORMalität, in der Menschen in männlich und weiblich eingeteilt werden, wobei weiblich gegenüber männlich abgewertet wird. Es ist eine NORMalität, in der unsere Körper abgewertet werden, wenn sie nicht in diese binären Kategorien oder gesellschaftlichen Schönheitsnormen passen.
Es ist ein „NORMalzustand, in dem sexualisierte und häusliche Gewalt, patriarchale Strukturen, Trans- und Queerfeindlichkeit, Fettfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus und jegliche andere Form von Diskriminierung und Gewalt alltäglich sind.
Jede Form autonomen und emanzipatorischen Widerstandes gegen diese Normalität wird versucht mit repressiven Mitteln zu bekämpfen. Doch wir lassen uns nicht unterkriegen und kämpfen weiter:
 
DIESE NORMALITÄT IST GEWALTVOLL – KEIN ZURÜCK ZUR NORMALITÄT! 
 
2. DIE KRISE
Spätestens seit der Corona-Krise hat sich wieder einmal deutlich gezeigt, dass Profite in unserem kapitalistischen System wichtiger sind als Menschenleben. Gesundheit wird als Ware behandelt und nicht als Menschenrecht. Der „globale Norden“ sichert sich mit Patenten die meisten Impfstoffdosen zu, während der „globale Süden“ mit leeren Händen ausgeht. Anstatt eines solidarischen Shut-Downs wird die private Sphäre immer stärker eingeschränkt und um jeden Preis wird versucht, die Wirtschaft aufrecht zu erhalten. 
Die Corona-Krise ist auch eine Care-Krise: Im Gesundheitssektor müssen Menschen – vorallem Frauen* – zu noch prekäreren Bedingungen und beschissenen Löhnen auf Hochtouren weiterarbeiten. Dafür gibt es anstatt angemessenen Löhnen und Arbeitsbedingungen nur Applaus vom Balkon.
Während vom Staat der Rückzug in die bürgerliche Kleinfamilie gefordert wird, verstärken sich die Belastungen in der Familie. Alternative und queere Lebenskonzepte werden in die staatlich vorgegebenen Normen der bürgerlichen Familie als kleinste Zelle gepresst, deren Vorgaben sie per Definition sprengen. Viele Schutzräume sind ausgelastet oder nicht mehr zugänglich.
FLINTA*-Personen müssen noch mehr reproduktive Arbeit leisten, da ihre Kinder zB im Homeschooling sind oder nicht in den Kindergarten gehen können. Häusliche Gewalt hat seit der Pandemie erheblich zugenommen, die eigenen vier Wände stellen also für FLINTA*s eine größere Gefahr dar. Auch die Zahlen von Femiziden steigen.
Menschen sollen vor dem Virus geschützt werden, doch eigentlich werden sie nur immer wieder vergessen. Schon vor der globalen Pandemie und jetzt noch mehr. Währenddessen wird sich über fehlende Profite und eine kommende Wirtschaftskrise beschwert. Wir sagen: 
 
KAPITALISMUS IST DIE KRISE! 
 
3. DIE UTOPIE
Doch wenn wir nicht zurück zur Normalität wollen, wohin wollen wir dann? Eins ist für uns sicher: So wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben!
Wir wollen das Moment der Offenheit aus der Krise mit auf den Weg nehmen, um radikal emanzipatorische Utopien zu verwirklichen!
Wir wollen eine Gesellschaft, in der solidarisch geteilt und verteilt wird, kollektiv gedacht und Verantwortung übernommen wird. In der alle gemeinsam gestalten und verschiedene Lebensweisen lebbar werden. Wir wollen eine Gesellschaft, in der wir alle körperliche und geistige Selbstbestimmung erleben dürfen, wir wollen keine Gewalt mehr hinnehmen! Wir wollen toxisch männliche Ideale abschaffen, Raum für Verletzlichkeit kreieren, und heteronormative Geschlechterrollen auflösen.
Wir wollen eine gerechte Verteilung jeglicher Reproduktionsarbeit und gute Entlohnung für alle Geschlechter! 
Unsere Utopie ist eine Gesellschaft, in der die Existenzgrundlage sichergestellt ist, und nicht von vermeintlicher Leistung und Privilegien abhängt!  
Wir wollen uns immer weiter von rassistischen und patriarchalen Denkmustern lösen, um unsere Emanzipation ständig voranzutreiben. Wir wollen uns erlauben, die Utopie zu fordern und diese Vorstellungen gemeinsam zu entwickeln. 
Dafür wollen wir gemeinsam queer-/feministisch kämpfen und uns auch über Staatsgrenzen hinweg miteinander vernetzen und solidarisieren.
Wir wollen keine Blumen, sondern reale Veränderungen! Lasst uns gemeinsam rumspinnen und uns nicht mit dem Bestehenden abfinden: 
 
AUS DEM PATRIARCHAT IN DIE UTOPIE – DAS GUTE LEBEN FÜR ALLE! 
 
Am 8. März und jeden Tag wollen wir Raum einnehmen, selbstbestimmt mitreden, begehren wie wir wollen und das Patriarchat stürzen.